„Wir brauchen eine Öffnungsperspektive“

12.02.2021

Corona-Wochenbilanz im Kreis: Impfzentrum gestartet, auf 37 gesunkene Inzidenz, nur ein Todesfall

eine Frau in Schutzkleidung, die eine Spritze aufzieht

„Wir brauchen eine Perspektive für das Wiederanfahren des öffentlichen und privaten Lebens“: Diese Konsequenz zieht Landrat Michael Cyriax aus der Corona-Lage in der ablaufenden Woche. Die Infektionsraten im Kreis würden weiter sinken, das Impfzentrum habe seinen Betrieb aufgenommen: „Wir können noch keine Entwarnung geben, aber es sind positive Zeichen gesetzt“. Kreisbeigeordnete Madlen Overdick verweist beispielsweise auf die Entwicklung in den Alten- und Pflegeheimen, wo die Hochrisikogruppe lebt. Auch dort seien die Infektionszahlen gesunken und alle Pflegeheime bereits zweimal von den mobilen Impfteams besucht worden.

Die „Nachricht der Woche“ war nach Cyriax‘ Worten der Start im Impfzentrum Hattersheim: „Das ist rund und zügig angelaufen“. Nachdem Kräfte des Kreises das Zentrum zum Jahresende in kürzester Zeit aufgebaut hätten, werde der Betrieb nun professionell vom Deutschen Roten Kreuz und dem Arbeiter-Samariter-Bund geregelt. Es habe bei den angereisten Impfkandidaten weder Parkplatzprobleme noch Warteschlangen gegeben.

Nach wie vor aber reichten die Impfstofflieferungen von Bund und Land bei weitem nicht aus, „um die Möglichkeiten des Impfzentrums voll auszunutzen“. Statt der vom Land ursprünglich selbst geforderten Kapazität von 1200 Impfungen pro Tag gebe es bislang nur rund 140 Termine. Bundesweit mehrten sich aber die Zeichen, dass in den kommenden Wochen und Monaten mehr Impfstoff geliefert werden könnte „und wir dann endlich im großen Stil auf eine Herdenimmunität zuarbeiten können.“

Die kreisweite 7-Tage-Inzidenz – also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, sei weiter auf dem Weg nach unten, so der Landrat. Von 59 in der vergangenen Woche sei sie auf 37 am heutigen Freitag gesunken. Zudem habe es in der zweiten Woche in Folge nur einen einzigen Todesfall gegeben – solch ein Wert sei zuletzt davor im Oktober erreicht worden.

Als besonders erfreulich wertet Cyriax die Entwicklung in Eppstein. In der Burgstadt ist mittlerweile eine Inzidenz 0 erreicht. Der Kreis habe aber keine Möglichkeit, dort die Beschränkungen zu lockern, erläutert der Landrat. Die Regelungen seien vom Land zentral festgelegt, nur das Land könne sie lockern. Eine isolierte Lösung habe aber auch medizinisch keinen Sinn, weil die Region so eng vernetzt sei.

Vom Land Hessen fordert Cyriax eine „Strategie der schrittweisen Öffnung“ für die kommenden Wochen. Die Bürger hätten Verantwortung gezeigt, mit Zurückhaltung, persönlichen und auch – in der Geschäftswelt – „mit finanziellen Opfern bis an den Rand des Ruins“ dazu beigetragen, die Infektionszahlen zu senken. Sie müssten auch weiter im persönlichen Umgang Verantwortung zeigen, „aber das Leben kann ja nicht aus Dauerlockdowns bestehen“.

Es sei ein gutes Signal, dass an den Schulen der Präsenzbetrieb zumindest in den unteren Klassen wieder anlaufe. Nach wie vor sei es so, dass sich Schüler eher im Homeschooling ansteckten als in der Schule. Der Kreis stehe mit seinen Betreuungskräften bereit, um die Schulen beim Wiederanfahren des Schulbetriebes in den unteren Klassen zu unterstützen. Auch die Kindertagesstätten würden den Regelbetrieb wieder aufnehmen – „aber angesichts von Notbetreuungsquoten von teilweise 80 Prozent waren sie ohnehin nicht wirklich geschlossen“, fasst Cyriax zusammen.

Zwar berge ein schrittweises Wiederanfahren des öffentlichen Lebens das Risiko, dass es wieder mehr Infektionen gebe, so Cyriax, und die Inzidenz könne dann wieder steigen: „Aber wir werden lernen müssen, auf längere Zeit mit dem Virus zu leben.“ Wenn die in Deutschland angelaufenen Impfungen den Umfang hätten, wie anfangs von Bund und Land angekündigt, „dann bekommen wir das Mittel in die Hand, die Infektionsraten in einem niedrigen Rahmen zu halten“.

Deutlich entspannt hat sich die Lage nach Angaben von Overdick in den Alten- und Pflegeheimen. Wegen der dort begonnenen Impfungen, umfangreicher Testungen – auch mit Unterstützung durch die Bundeswehr - und Kontaktregeln seien die Infektionszahlen in der Hochrisikogruppe deutlich zurückgegangen: „Das lehrt, dass ein Mix aus Impfungen und verantwortungsvollem Verhalten der Schlüssel zu einer wirkungsvollen Eindämmung des Virus‘ ist“, so die Gesundheitsdezernentin. Das Gesundheitsamt werde die Entwicklung in den Heimen aber weiter im Auge behalten – „die Heimleitungen stehen hier ganz klar in der Verantwortung, die Regelungen einzuhalten.“ Der einzige mit COVID gestorbene Bürger der ablaufenden Woche sei kein Heimbewohner gewesen.

Ein Wermutstropfen hingegen sei die Lage im Straßenverkehrsamt. Nachdem 16 Mitarbeiter infiziert - darunter auch drei bestätigte Fälle der britischen Variante - und weitere 16 als Kontaktpersonen quarantänisiert wurden, muss das Amt nun auch in der kommenden Woche für den Publikumsverkehr geschlossen bleiben. Die Kontaktverfolgung unter den Kunden durch das Gesundheitsamt läuft weiter. Es sei aber nicht zu ermitteln, ob das Virus durch Besucher oder Mitarbeiter in das Amt gekommen sei, so Overdick. Auch wenn die Behörde für Besuche geschlossen sei, biete sie ihre Leistungen weiterhin online an.

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