Über Intermezzo

zwei bunte Puppen auf einer Bühne.

Das Europäische Institut für progressive Kulturpolitik (EIPCP) beklagte 2005 die Beschwörungsformel „Kulturnation Deutschland“. Zugleich kritisiert es den Sprachgebrauch im 21. Jahrhundert. Der Begriff „Kulturnation“ beschreibe nämlich eigentlich ein Volk, das zwar in keinem gemeinsamen Staat lebe, sich aber durch Abstammung, Sprache, Kultur und Geschichte miteinander verbunden fühle. Deshalb könne man diesen Begriff auf das Deutschland der Gegenwart im Grunde nicht mehr anwenden.
(nach: Cornelia Sollfrank: Die Zukunft kultureller Produktion in der „Kulturnation“ Deutschland. 2005)

 

Ist das so? Oder anders? Was befördert kulturelle Identität in einer Gesellschaft wie unserer, in der viele Völker in einem gemeinsamen Staat leben, sich aber wegen ihrer Abstammung, Sprache, Kultur und Geschichte oftmals keineswegs miteinander verbunden fühlen. Woran fehlt es? Worin liegen die Chancen? Was kann Verbundenheit unterstützen?

Kunst kann nicht national sein, sondern nur grenzüberschreitend, Perspektiven erweiternd und zukunftsorientiert. Traditionen wollen erhalten werden, sind aber keine Gegenwartsposition unserer heutigen Gesellschaft. Diese müsste doch immer wieder beobachten, was ist, und künstlerisch reflektiert zum Ausdruck bringen. Sonst haben zukünftige Generationen einer bunten Gesellschaft kein lebendiges Fundament.

Also muss umso mehr gesucht werden nach Möglichkeiten in einer heterogenen Gesellschaft, die ein demokratisches, freiheitliches Fundament hat. Und da komme ich auf zwei wichtige Eckpfeiler: Nachwuchs und Kunsterlebnis.

Kulturelle Identität muss sich entwickeln können, weshalb vor allem der Nachwuchs angeregt und gefördert werden soll, am grenzenlosen Beispiel aufgeschlossener, produktiver Kunst und mit den Mitteln der Künstler. Das macht Sinn. Denn der Nachwuchs wird immer vielfältiger und erhöht dadurch die potenziellen künstlerischen Impulse, die alle diese Kinder und Jugendlichen in die Gesellschaft senden können, um sich in ihr zu verwirklichen und weiterhin Mitmenschen anzuregen.

  • Aufgerufen ist die Gesellschaft, im gesamten Leben der Jugend Bojen zu setzen. Projekte an denen sie sich reiben, entwickeln und orientieren können, und die genug Spielraum lassen, um sich persönlich auszudrücken. Auch und vor allem Kunstprojekte.
  • Aufgerufen sind die Künstler aller Sparten, Ideen und Konzepte in den Schulraum und seit 2016 auch in den Freiraum zu stellen, die sich anhand der gesellschaftlichen Entwicklung als Aufgabe für Kinder und Jugendliche darstellen.
  • Aufgerufen sind Familien, Schulen und Institutionen, solche identitätsstiftenden Projekte für den Nachwuchs möglich zu machen.

Intermezzo war von Beginn an eine solche Boje in der Kulturlandschaft des Main-Taunus- Kreises mit überregionaler Wirkung und Bekanntheit. Ein hohes, professionelles künstlerisches Niveau, stimmige und durchdachte Konzepte werden von einer Jury genau geprüft, bevor es ein Angebot an junge Menschen werden darf. Neu die grundlegende Idee, diese ausgewählten Projekte zu Preisträgern im jährlichen Zyklus zu erklären und vom Kreis mit einer Anschubfinanzierung zu versehen.

Nicht jeder hat an Intermezzo geglaubt am Anfang. Schnell aber hat der Wettbewerb gegriffen und eine wunderbare, beständige Dynamik entwickelt. In den ersten fünf Jahren ein reines Künstler-und-Schule-Tandem, ist Intermezzo seit 2016 ganz neu aufgestellt, als weites künstlerisches Projektfeld, das neben der „Variation Schulraum“ auch die „Variation Freiraum“ anbietet und damit auch Intermezzo-Projekte außerhalb des Schulalltags möglich macht - als im künstlerischen Alltag verortete Vorhaben.

Das Abenteuer Intermezzo ist also dynamisch, fruchtbar, lebendig, aufregend, spannend, förderlich und beindruckend. 25 vielseitige Projekte an verschiedensten Schulen des Main-Taunus-Kreises konnten wir alleine bis 2015 auszeichnen. Ich bin gespannt, wovon wir 2020 berichten können.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Landrat Michael Cyriax, dessen Antrieb und Unterstützung der Wettbewerb seine Gründung und Durchführung verdankt. Den künstlerischen Jurymitgliedern, sowie den Damen und Herren der Verwaltung des MTK danke ich für eine inspirierte, kontinuierliche und effiziente Zusammenarbeit - und natürlich allen Kindern und Jugendlichen, allen Künstlern und allen anderen Projektpartnern, die ein Intermezzo Wettbewerbsprojekt auf die Beine stellen. Im künstlerischen Projekt-Erleben erweitert Ihr die Chancen für ein tolerantes und kreatives Miteinander in unserer Gesellschaft.


(Andrea Simon)

eine Frau.
Andrea SImon

 

Andrea Simon ist Initiatorin von Intermezzo und Mitglied der Intermezzo-Jury

Infos zur Person unter http://www.tanzplan.de