„Finanzwende mit strikter Konsolidierung“
19.12.2023
Cyriax zum Etatentwurf 2024: Wir haben nur begrenzten Spielraum – Appell an Land und Bund

„Wir haben es mit einer Finanzwende in der kommunalen Familie zu tun, der Kurs steht auf strikte Konsolidierung“: So fasst Landrat Michael Cyriax das Prinzip des Haushaltsentwurfs für 2024 zusammen. Wie er bei der Einbringung des Zahlenwerks im Kreistag unterstrich, sei das Defizit vor allem durch Sozialleistungen, die Aufnahme von Migranten und die finanzielle Krisenlage der Kliniken verursacht. Das Minus müsse durch Aufzehren der Rücklagen und höhere Umlagen ausgeglichen werden. Insgesamt aber seien die Möglichkeiten des Kreises begrenzt, die Kosten im Griff zu halten.
„Wir sehen, wo wir sparen können, aber Bund und Land weisen uns immer mehr Aufgaben zu, und wir haben im Bereich Soziales und Migration immer mehr Fälle. Der Etatentwurf dieses eigentlich so wirtschaftsstarken Kreises ist ein Alarmsignal für die Lage der Kommunen landauf, landab“, so der Landrat. Land und Bund seien aufgerufen, „die kommunale Familie von Aufgaben zu entlasten und ihrer weit mehr Kosten zu erstatten als bisher.“ Geprägt sei der Kreishaushalt von der Spannung aus „staatlichen Leistungsversprechen und kommunalen Bürden“.
Der Kreis werde auch weiter in den Schulbau investieren, stoße aber an die Grenzen des Machbaren: „Wir bauen wie die Weltmeister, doch die wachsende Schülerzahl auch durch die Migrantenkinder ist kaum mehr zu bewältigen.“ Gleichzeitig stiegen die Baupreise weiter, sodass „auf mittel- bis langfristige Sicht die Kosten kaum mehr verlässlich kalkuliert werden können“.
Das Defizit im Etatentwurf beträgt 35,43 Millionen Euro, die Nettoneuverschuldung 50,9 Millionen Euro. Die Kreis- und die Schulumlage, die von den Kommunen für die Leistungen des Kreises entrichtet werden müssen, steigen zusammen von 48,25 Prozent im aktuellen Jahr auf 50,90 Prozent. Ohne den Griff in die Rücklagen müsse die Umlage noch weit höher steigen, erläutert Cyriax. Jetzt aber sei „der Spartrumpf leer“, die Rücklage aufgebraucht. Wenn es keine überraschenden Entwicklungen und höhere Zuweisungen von Land und Bund gebe, könnten gestiegene Kosten in einem Jahr nur mit einer weiteren Erhöhung der Umlage und einer hohen Kreditaufnahme gedeckt werden.
Wie Cyriax vorrechnet, setzt der Kreis bei alledem seine Investitionen fort: Alleine 54,9 Millionen Euro sollen in den Schulbau fließen. Die größten Summen sollen im kommenden Jahr für die Main-Taunus-Schule Hofheim, die Paul-Maar-Schule Flörsheim und die Spothalle der Heinrich-von-Kleist-Schule Eschborn aufgewendet werden. Neu begonnen werden Vorhaben an der Burgschule Eppstein, der Schule Sindlinger Wiesen Kelkheim, der Weingartenschule und der Konrad-Adenauer-Schule (beide in Kriftel). Allerdings werde das Schulbauprogramm wegen der schwierigen Finanzlage nur noch gebremst weiterlaufen können, es werde weniger neue Projekte geben können.
Zu den wesentlichen Belastungen aber zählen Sozialleistungen, für die rund 14,5 Millionen Euro mehr aufgewendet werden müssen als im Etatentwurf für das laufende Jahr. Dabei spielen den Angaben zufolge die Migranten eine große Rolle – mehr als die Hälfte der Leistungsbezieher sind demnach Nichtdeutsche Die Zahl der Bezieher von Sozialleistungen sei in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen: in 15 Jahren um rund 40 Prozent. Dabei sei die Zahl der deutschen Hilfeempfänger geschrumpft und die der Personen mit Migrationshintergrund stetig gewachsen. Im Jahr 2007 hätte insgesamt rund 8300 Menschen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezogen, darunter 2700 Nichtdeutsche; im ablaufenden Jahr seien es insgesamt 11.900 Leistungsbezieher gewesen, davon knapp 7300 ohne deutschen Pass.
Der Bereich Asyl schlägt nach dem Haushaltsentwurf mit einem Plus von 7,9 Millionen Euro zu Buche. Inzwischen müssten auch die Kommunen Flüchtlinge eigenverantwortlich aufnehmen, die Kosten allerdings müsse der Kreis übernehmen. Weniger als die Hälfte der Aufwendungen für Flüchtlinge seien durch Gelder von Land und Bund gedeckt; fast 19 Millionen Euro müsse der Kreis aufbringen.
Bei den Kliniken steigen die Kosten für den Verlustausgleich um 8 auf 16 Millionen Euro. Solche Aufwendungen, erläutert der Landrat, seien „dauerhaft nicht leistbar“.